Die Jury der Uelzener Filmtage schreibt in ihrer Begründung: “Es ist eine Herausforderung, komisch zu sein, es ist nicht leicht, viele unterschiedliche Menschen in einem dunklen Saal gemeinsam zum Lachen zu bringen. Umso schöner, wenn es dermaßen gut gelingt. Damit es gelingt, braucht es nämlich so einiges: ein gutes Buch mit frischen Dialogen. Ein sicheres Gespür für Timing, für die Pause und die Pointe. Einen gut zusammengestellten, harmonierenden Cast mit Charakter. Eine gute Regie am Set. Das sichere Beherrschen der filmischen Ausdrucksmittel: Welches Bild drehen wir wie für den stärksten Eindruck, wie lange steht es im Schnitt, braucht es hier Musik, braucht es keine?
Besonders toll, wenn dann sogar noch eine bisher unerlebte, faszinierende Welt dazu kommt, in die wir als Publikum sofort eintauchen können. Ein junger, leicht verplanter Medizinstudent vergisst seine Leiche … Entschuldigung, seinen Körperspender im Bus. Kann vorkommen. Und ab geht die morbide und surreale Odyssee durch ein außergewöhnliches Fundbüro – mit einer doch sehr speziellen Mitarbeiterin. Wird er seinen Körperspender wiederfinden oder muss er sich doch mit einer überfahrenen Katze begnügen?
In dem Film ‘Findelleiche’ von Silas Degen sorgt ein originelles, gut zu Ende gedachtes Konzept für viele bizarre Situationen. Ein klasse Ensemble spielt in toll ausgestatteten Sets voller liebevoller Details. Situationskomik wechselt sich ab mit geschliffenen, überraschenden Dialogen – mit vielen kleinen Spitzen in alle möglichen Richtungen. Dann die Postproduktion: Der Schnitt ist immer on Point, der Musikeinsatz bewusst und präzise. ‘Findelleiche’ ist ein rundherum gelungener, sehr lustiger, selbstbewusster und in jeder technischen Hinsicht souverän gemachter Kurzfilm, gerade in Anbetracht des Alters von Silas Degen. Damit verdient der Film unsere Meinung nach die Uelzener Filmrolle, dotiert mit 500 Euro. Und hey, es gelingt den Filmemachenden sogar, immer noch eine Pointe drauf zu setzen, wenn wir schon gar nicht mehr damit rechnen: Stichwort Mettbrötchen.”
Im Juni hatte Silas Degen mit “Findelleiche” zudem beim Bundes.Festival.Film den Deutschen Generationenfilmpreis gewonnen. Auch da zeigte sich die Jury begeistert: “Was bedeutet Radikalität in unserer heutigen Zeit und in Zusammenhang mit einem Kino, das Tabus bricht? Aus dieser Ausgangsfrage eines Filmseminars an der Universität Hildesheim entwickelte Silas Degen seine Schwarze Komödie, in der sich das Absurde und die Normalität die Hand reichen. Dem Thema Tod nimmt sie ihren Schrecken, indem Leichen zum banalen Alltagsgegenstand gemacht werden und tote Körper nicht die geringste Irritation mehr auslösen. Selbst das Thema Nachhaltigkeit wird in diesem Zusammenhang auf die Spitze getrieben, indem sich die Wertigkeit eines Menschen auch in seiner Wiederverwertung ausdrückt. Dabei wirkt der sketchartig und zugleich flüssig erzählte Film dank großer Sprachdisziplin und ausgezeichneter Besetzung niemals platt und kann seinen schwarzen Humor voll zur Geltung bringen.”
Findelleiche
2021 / 10 Min / Regie, Drehbuch: Silas Degen / Kamera: Victor Gütay / Schnitt: Daniel Düsterdiek / Szenenbild: Clara Wiese / Musik: Torsten Sense / Ton: Jan B. Meister / Mit: Paul Busche, Jan Henrik Stahlberg, Roswitha Dost, Werner Wilkening, Martin Semmelrogge, Michael Davis
Quelle: www.uelzener-filmtage.de/preistraeger-2022; www.deutscher-generationenfilmpreis.de/filme.html?id=646&j=2022